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O Tannenbaum

O Tannebaum, o Tannebaum

wie grün sind deine Blätter!

Du grünst nicht nur zur Sommerszeit,

nein, auch im Winter, wenn es schneit.

O Tannebaum, o Tannebaum,

du kannst mir sehr gefallen.

 

O Friedenszeit, o Friedenzeit,

wie grün sind, die dir glauben!

Sie dachten, daß du’s ehrlich meinst,

nun lebt man ganz genau wie einst

in Kriegeszeit, in Kriegeszeit vom Morden und vom Rauben.

 

O Menschlichkeit, o Menschlichkeit,

wohin bist du entschwunden?

Man brachte dich auf den Transport

nach Auschwitz und erschlug dich dort

und hat von dir, o Menschlichkeit,

nie eine Spur gefunden.

 

O Weihnachtszeit, o Weihnachtszeit,

o schenk uns deine Gnaden!

Bring Freud und Frieden hoch und her

und jedem ein Maschinengewehr

zur Weihnachtszeit, zur Weihnachtszeit,

das aber auch geladen!

 

O Tannebaum, o Tannebaum,

wie gern würd ich dich loben.

Doch seh ich dich mir richtig an,

da häng’n ja keine Gaben dran!

Die hat der liebe Weihnachtsmann

am schwarzen Markt verschoben.

 

Doch dafür wird der Tannebaum

uns etwas Wärme geben.

Und falls es nicht mehr Bomben schneit,

sind wir zum Friedensschluß bereit,

und werden wohl die Weihnachtszeit

auch diesmal überleben!

Rom 1948

Dinah Nelken